Ursachen für unruhiges und verträumtes Verhalten kann bei Kindern, Jugendlichen und auch bei Erwachsenen unterschiedlicher Herkunft sein. Hierfür können u. a. soziale und emotionale Gründe verantwortlich sein wie beispielsweise schwierige Familienverhältnisse, Trennung vom Partner oder die Scheidung der Eltern, hoher schulischer Leistungsdruck, zu hohe oder unrealistische Erwartungen an das eigene Leistungsvermögen. Verantwortlich kann aber ebenso eine Fehlsteuerung der Botenstoffe im Gehirn sein. Nicht selten ist auch eine zu hohe oder zu niedrige Verarbeitung von Berührungs- und Bewegungsreizen im Gehirn (im Sinne eines zu viel oder zu wenig an Sinnesinformation) für die Unruhe, Aggressivität, Impulsivität, Verträumtheit des Kindes der Auslöser.
Ergotherapeuten wenden das Alertprogramm an, um die Selbststeuerung im Sinne eines situationsangemesseneren Verhaltens zu verbessern (z. B. ruhiges Sitzen für eine angemessene Zeit oder eine adäquate Aufmerksamkeitssteuerung). Dieses Programm kann auch für Kinder angewendet werden, die aggressive Verhaltensweisen an den Tag legen.
Das Programm bietet eine Kombination aus verhaltenstherapeutischen Aspekten und der Setzung von sensorischen Reizen, um den Wachheitsgrad des Gehirns (Alert) in die für die Lebenssituation (Lernen, Sport, Lesen, Schlafen u. a.) richtige Aktivierung zu bringen.
In der Ergotherapie lernen die Kinder anhand von Skalen einzuschätzen, ob ihr Gehirn für die geforderte Tätigkeit (z. B. Lernen) richtig eingestellt ist. Dies ist der verhaltenstherapeutische Aspekt des Programms, um das Gehirn für bestimmte Leistungen zu aktivieren und somit das Kind eher zu beruhigen oder eben wacher zu machen.
Folgende sensorische Angebote dienen zur Beruhigung des Nervensystems im Sinne eines gut gesteuerten Lernens, Spielens und Entspannenkönnens:
Fester Druck und intensive Spür- und Muskelwahrnehmung, wie sie alle körperlichen Tätigkeiten/Anstrengungen/Bewegungen erfordern, senken den Erregungslevel des Hirns.
Kinder können in eine Decke eingerollt und mit Kissen belegt werden („Pizzabacken“, „Hotdog“, die Backzeit nicht vergessen, dabei das Kind drücken), sie werden massiert, es wird eine Geschichte dazu erzählt. Rhythmisches, langsames Schaukeln (Hollywoodschaukel, Hängematte), Gartenarbeiten wie Schubkarre schieben, Erde umbuddeln, im Sandkasten spielen oder Wasser pumpen können sehr regulierend wirken. Auch kaltes Wasser über die Armen laufen lassen, kaltes Wasser trinken, Eis essen oder Kältekompressen sind hilfreich. Bei Störungen im schulischen Bereich können Gegenstände zum Festhalten für die Muskeltätigkeit der Hände in Form von Knautschbällen, Perlenketten oder Bürsten verwendet werden.
Ausgleichend und herunterregulierend wirken immer:
Eine feste und gleiche Tagestruktur; alle Dinge sollten sich daher am gleichen Platz befinden (gleicher Sitzplatz, gleicher Sitznachbar in der Schule), ritualisierter Alltag, gleiche Reihenfolge. In der Schule sollte der Platz neben der Lehrerin sein und dieser möglichst vorne neben der Tür und nicht am Fenster. Die Aktivitäten am Fenster sind zu spannend, immer wieder neu und damit ablenkend. Ebenso wichtig kann auch ein Rückzugsort sein. Alleinsein, ein warmes Bad, ein schummriger Raum und ein Bett, das wie eine Koje ausgebaut ist, sind empfehlenswert. Schweres Bettzeug und eine Begrenzung beim Schlafen durch Kuscheltiere oder die Benutzung eines Schlafsacks ermöglichen eine intensive Körpererfahrung, die das Nervensystem abends sehr gut auf Schlafen und Ruhe einstellt.
Für unruhige Kinder kann ein Boxsack, eine Reckstange oder auch ein Trampolin im Zimmer die Körperwahrnehmung fördern. All diese Gegenstände können ebenfalls zum Stressabbau eingesetzt werden; auch Wutbeutel wie Batakas (Schaumstoffschwerter) sind ideale Hilfsmittel zum Wutabbau.
Bei kleineren Kindern sind die Spielsachen regelmäßig auszusortieren und in den Keller zu bringen; sie sollten in aktuelle und nicht aktuelle getrennt werden. Wichtig ist es auch, die Spiele übersichtlich zu ordnen, damit das Kind bei der Auswahl und beim Aufräumen nicht überfordert wird (Kisten beschriften oder mit entsprechenden Bildern versehen).
Bei Kindern, die verträumt sind, hilft schnelles Schaukeln, Kitzeln, schnelle, leichte Berührung, alles Neue, Vibration, Spannung und/oder rhythmische Musik.
Dieses sensorische Programm muss auf jedes Kind einzeln abgestimmt werden. Dabei sind wir Ihnen sehr gerne behilflich.
Es findet ein häuslicher oder schulischer Transfer dieses Programmes statt, so dass die Eigensteuerung auch unabhängig von der Ergotherapie vonseiten des Kindes oder der Eltern reguliert werden kann.
Für weitere Fragen zu diesem Programm oder allgemein zur ergotherapeutischen Behandlung von Kindern und Erwachsenen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns an.